Wochenlang haben Union, FDP und Grüne übereinander gesprochen, ab Mittwoch reden sie miteinander über ein Regierungsbündnis namens Jamaika. Vor dem Start gibt es Hoffnungen, Warnungen, Skepsis und Misstrauen. Klar ist, dass die Gespräche schwierig werden.
Dreieinhalb Wochen nach der Bundestagswahlbeginnen Union, FDP und Grüne mit Sondierungen für ein neuartiges Regierungsbündnis. An diesem Mittwoch treffen sich die Unionsparteien CDU und CSU zuerst mit Vertretern der FDP, dann am Nachmittag mit einer Grünen-Delegation. Am Freitagnachmittag beginnen dann die Gespräche erstmals in großer Runde.
Als vertrauensbildende Maßnahme besuchte CSU-Chef Horst Seehofer am Dienstagabend die Grünen-Spitze in deren Parteizentrale. “Wir werden ja jetzt viele Wochen und Monate hoffentlich zusammensitzen”, sagte der bayerische Ministerpräsident nach dem gut eineinhalb Stunden langen Gespräch mit Grünen-Chef Cem Özdemir und Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Da sei es “ganz gut, wenn man sich mal persönlich kennenlernt.” Seehofer war zuvor noch nie bei den Grünen zu Gast, wie er sagte. Die Gastgeber scherzten: “Er hat’s überlebt.”
Vor allem CSU und Grüne liegen in vielen Fragen inhaltlich weit auseinander. In beiden Parteien gibt es große Vorbehalte gegen ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis.
Mahnung zur Einigkeit
CDU-Generalsekretär Peter Tauber rief Union, FDP und Grüne auf, sich in den Jamaika-Gesprächen zusammenzuraufen und so ein Signal des Zusammenhalts in die Gesellschaft zu senden. “Man darf sich nichts vormachen: es werden sehr anstrengende Gespräche”, sagte Tauber der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Trotz großer Unterschiede könnten die Partner aber Gutes auf den Weg bringen. “Die Idee dahinter ist doch: Wenn jemand zusammenkommt, der so unterschiedlich ist – Grüne, Liberale und wir – und sich dann auf etwas Gemeinsames verständigen kann, dass es auch ein Signal in unsere Gesellschaft ist, die sich ja Zusammenhalt wünscht.”
Auch Spitzenvertreter der Grünen mahnten zur Einigkeit.
“Es muss das Ziel einer künftigen Regierung sein, die Spaltung der Gesellschaft – in Arme und Reiche, in Stadt und Land sowie in kulturellen Fragen – zu überwinden”
, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter dem Nachrichtenmagazin “Der Spiegel”. Grünen-Parteichef Cem Özdemir mahnte in der “Passauer Neuen Presse” Gespräche ohne Vorbedingungen an.
“Alle Parteien sollten jetzt von den Bäumen wieder runterkommen, damit wir vernünftig auf Augenhöhe verhandeln können.”
Union geht ohne rote Linien in Gespräche
CDU-Vize Volker Bouffier äußerte sich ähnlich. “Es wäre unklug, mit roten Linien in die Verhandlungen zu gehen”, sagte der hessische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Das wird mit die schwierigste Regierungsbildung in der Geschichte der Bundesrepublik”, sagte Bouffier voraus.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer betonte, CDU und CSU würden sich in den anstehenden Gesprächen hin zu einem Jamaika-Bündnis nicht von FDP und Grünen gegeneinander ausspielen lassen. “Nein, wir sind gut aufgestellt, wir gehen konzentriert ran”, sagte Scheuer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Union gehe geschlossen und gut vorbereitet in die Sondierungsgespräche. Auch der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach betonte, CDU und CSU würden sich nicht entzweien lassen, das wäre der “Anfang vom Ende”.
Die Federführung müsse bei Jamaika klar von der Union ausgehen. “Diese Koalition braucht eine starke Volkspartei als Anker”, sagte Michelbach der dpa.
Nicht alternativlos
Skeptisch zeigte sich Stefan Müller, der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag. “Jamaika ist nicht alternativlos”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der CSU fehle jedoch “im Moment beim Stichwort Jamaika noch ein bisschen der Glaube an Chancen”.
Die FDP beharrt derweil auf einem Einwanderungsgesetz, das künftig klar zwischen Asylbewerbern, Kriegsflüchtlingen und Einwanderern unterscheidet. NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) sagte der Deutschen Presse-Agentur: “Das Asylrecht für individuell Verfolgte bleibt unangetastet.”
Da aber bisher auch Kriegsflüchtlinge und potenzielle Einwanderer über das Asylrecht nach Deutschland gelangt seien, sei das System überfordert worden und müsse neu justiert werden.
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