Niedrige Zinsen und hohe Kosten – das sind zwei Probleme der Riester-Rente. Seit 2002 wird die gesetzliche Alterssicherung mit der Riester-Rente staatlich gefördert – aktuell stagniert die Zahl der Neuverträge. Und auch Verbraucherschützer sind von den meisten Riester-Produkten nicht begeistert.
Die Riester-Rente sorgt momentan wieder für Schlagzeilen. Laut einer Auswertung des rentenpolitischen Sprechers der GRÜNEN im Bundestag, Markus Kurth, liegt jeder fünfte der insgesamt rund 16,5 Millionen Riester-Verträge auf Eis und wird nicht aktiv bespart. “Die Riester-Rente hat allen Schwung verloren”, so Kurth.
Oftmals Musterrechnungen mit Extrembeispielen
Aber nicht nur wir, die GRÜNEN, sondern auch die Experten vom Bundesverband der Verbraucherzentrale(vzbv) sind nicht gerade begeistert von Riester. “Das Argument, dass sich Riester wegen der hohen Zulage lohnt, wird meist anhand von Extrembeispielen dargestellt, um Produkte zu verkaufen. Natürlich gibt es diese Fälle, in denen Sparer kaum etwas einzahlen, aber hohe Zulagen bekommen. Gleichzeitig stehen diese Menschen aber häufig wirtschaftlich so schlecht da, dass – obwohl sie eine so hohe Förderquote haben – am Ende trotzdem nicht viel dabei herauskommt.
Manch ein Versicherer rechnet die staatliche Förderung dann auch noch in die Rendite der Produkte mit ein. Das bereitet uns dann richtig Bauchschmerzen”, erklärt Dorothea Mohn, Leiterin des vzbv-Finanzmarktteams.
Produkte sollten überprüft werden
Trotzdem würde die Expertin Verbrauchern mit bestehenden Riester-Verträgen nicht raten, diese nun einfach spontan zu kündigen oder zu wechseln: “Das ist abhängig vom Einzelfall. Es sollte unbedingt geschaut werden, ob der Sparer vielleicht doch ein passendes Produkt gewählt hat, ob die Provision schon abbezahlt ist und wie die Qualität des Produkts aussieht. Nach Beantwortung dieser und weiterer Fragen kann man entscheiden, ob es Sinn macht, die Besparung abzubrechen, beizubehalten oder vielleicht förderunschädlich einen Vertragswechsel vornehmen.”
Im aktuellen Koalitionsvertrag ist außerdem vereinbart, dass die Riester-Rente verbessert und attraktiver gemacht werden soll. So soll ein Standardprodukt entwickelt werden. Das sei eine Entwicklung, die die Sparer laut Mohn noch abwarten sollten.
Guter Gedanke, schlechte Umsetzung
Produkte in diesem Bereich sollten vor allem eines sein: kostengünstig. Denn Kosten sind Renditekiller. Das ist aber einer der großen Kritikpunkte bei Riester. Die Produkte sind oft teuer und dadurch wenig rentabel.
“Die politische Absicht und der Fördergedanke waren von der Grundausrichtung gut. Im Detail wurde die Riester-Rente dann aber leider nicht aus Verbrauchersicht entwickelt, sondern es wurden von vornherein die verschiedenen Wirtschaftszweige wie Banken und Versicherer mitbedacht. Jeder Akteur wurde ‘glücklich’ gemacht und dabei ist letztendlich der Verbraucher aus den Augen verloren worden”, so Mohn.
So sei ein Geburtsfehler der Riester-Rente die verpflichtende Beitragserhaltungsgarantie: “Verbrauchern wurde gesagt, dass sie so mindestens das herausbekommen, was sie einbezahlen. Es wurde aber nicht gesagt, dass diese Garantie viel kostet und dass man bei langansparenden Prozessen auf eine solche Garantie verzichten kann und sollte.”
Produktqualität muss deutlich ansteigen
Damit Verbraucher mit ihrer Altersvorsorge am Ball bleiben, muss sich laut der Finanzexpertin die Produktqualität massiv verbessern. Insbesondere müssten die Kosten für Verwaltung und Vertrieb in den Griff bekommen werden. “Natürlich wollen die Banken und Versicherer aber keine großen Veränderungen, damit sie selbst genug an ihren Produkten verdienen. Sie wollen lediglich Vereinfachungen und mehr Zulagenförderung”, so Mohn. Zu dem Schluss, dass Versicherer und Banken immer weniger und kaum noch gute Riester-Produkte und Banksparpläne anbieten, ist auch Stiftung Warentest bei einer umfassenden Auswertung im vergangenen Jahr gekommen. Die Untersuchung zeigte außerdem, dass Anbieter bei Aussicht auf höhere Rendite auch höhere Kosten für die Produkte berechnen.
Und was wollen wir? Wir wollen eine stabile Rente und ein gutes Leben im Alter
Wir Grüne wollen eine Alterssicherung, die für alle Menschen funktioniert und in der alle solidarisch füreinander einstehen. Alle sollen sicher sein können, dass sich die Rentenbeiträge auszahlen und im Alter keine Armut droht. Dafür stabilisieren wir das Rentenniveau und bauen die gesetzliche Rente zu einer Versicherung für alle Bürgerinnen und Bürger um. Wir führen eine Garantierente gegen Altersarmut ein. Frauen unterstützten wir dabei, eine eigenständige Altersvorsorge aufzubauen. Wir machen Betriebsrente und private Vorsorge (Riester) attraktiver – besonders für Geringverdienende.
Viele Menschen machen sich Gedanken darüber, ob ihre Rente für einen guten Ruhestand reicht. Wer heute nur wenig verdient, bekommt später vielleicht nur eine sehr kleine Rente. Selbständige haben oft nicht genug Geld um ausreichend vorzusorgen. Viele, besonders Frauen, arbeiten lange Jahre nur in Teilzeit und sammeln dabei nicht genügend Rentenansprüche an. Und die Zahl der Rentnerinnen und Rentner steigt in den nächsten Jahren an. Viele Menschen haben Angst vor Armut im Alter. Für manche ist das Problem heute schon real.
Die gute Nachricht ist: Die gesetzliche Rentenversicherung ist besser als ihr Ruf. Dennoch müssen wir einiges tun, um unser System der Altersvorsorge solide und zukunftssicher zu machen. Die jetzige Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat das sträflich vernachlässigt. Unsere Altersvorsorge steht auf drei Säulen: Die gesetzliche Rentenversicherung, die Betriebsrente und die private Altersvorsorge. Wir Grüne streben in allen drei Säulen Reformen an, damit das System langfristig sicher bleibt.
Die gesetzliche Rentenversicherung ist die mit Abstand wichtigste Säule der Alterssicherung. Wer über viele Jahrzehnte für das Alter vorsorgt, braucht und will die Sicherheit, dass sich die Vorsorge im Alter auch auszahlt. Deshalb sollte das Rentenniveau nicht weiter sinken. Wir achten darauf, dass die eingezahlten Beiträge zur Rentenversicherung und die ausgezahlten Leistungen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Damit kann auch die junge Generation weiter Vertrauen in die Rentenversicherung haben. Wenn ab 2030 die geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“) in Rente gehen, könnte der Beitragssatz zur Rentenversicherung sehr schnell auf über 22 Prozent steigen und das Rentenniveau würde Schritt für Schritt auch für Beschäftigte mit langen Erwerbszeiten nicht mehr zum Leben reichen. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Um Rentenniveau und Beitragssatz zu stabilisieren, wollen wir Hürden für Frauen am Arbeitsmarkt abbauen und Schritt für Schritt alle Bürgerinnen und Bürger in die Rentenversicherung einbeziehen – auch Abgeordnete, Selbständige und Beamte.
Doch die großen Herausforderungen wird selbst eine starke Rentenversicherung nicht allein stemmen können. Daher spielen auch die ergänzende Betriebsrente und die private Altersvorsorge eine wichtige Rolle.
Wie es mit oder ohne Riester weitergehen könnte
Ein gutes staatliches Modell, das auch für Deutschland interessant sein könnte, gibt es laut der vzbv-Expertin in Schweden: “Hier zahlen alle Beschäftigten in einen staatlichen Altersvorsorgefonds ein. Der Fonds ist sehr kostengünstig und konnte in den vergangenen 17 Jahren gegenüber dem Durchschnitt aller privaten Angebote eine deutlich höhere Rendite erzielen.”
Eine weitere Alternative könnte laut Mohn sein, dass die gesetzliche Rente wieder stabilisiert und dafür gesorgt wird, dass die volle Absicherung über das Umlagesystem funktioniert. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung bedeutet das, dass die aktuellen Einnahmen der Rentenversicherungsträger durch Beiträge von Steuerzahlern, Arbeitgebern und dem Bundeshaushalt für die laufenden Rentenauszahlungen verwendet werden. Die Beitragszahler sichern sich dadurch ihren Anspruch für ihre spätere eigene Rente. Diese wird dann wiederum genau nach diesem Schema von der nächsten Generation finanziert. In den Köpfen der Deutschen sei außerdem sehr stark verankert, dass Altersvorsorge nur über Rentenversicherungen funktioniere, so Mohn weiter.
Das Problem dabei: Andere Vorsorgemöglichkeiten sind teilweise zwar mit einem höheren Risiko verbunden, man bekommt aber schlussendlich oft auch mehr für sein eingezahltes Geld. Ein Problem ist laut Mohn auch, dass die deutschen Verbraucher selten starke Selbstentscheider seien. Dadurch steige die Gefahr, dass bei einer Beratung Produkte verkauft werden könnten, an denen der Vertrieb viel verdient, die aber dem Sparer wenig nutzen. Die Expertin empfiehlt allen Verbrauchern, sich verschiedene Sparformen anzusehen, die für die Altersvorsorge sinnvoll sein könnten. Es gebe jede Menge gute und kostengünstige Produkte am Markt – es müsse nicht immer Riester sein.
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