Hintergrund
Durch Berichterstattung u.a. der Lebensmittel-Zeitung wurde in dieser Woche bekannt, dass die Handelskette Real in 40 ihrer 283 Filialen neuartige Technologien der Videoüberwachung einsetzt, um das Verhalten ihrer Kundinnen und Kunden und ihre Reaktion auf Werbung im Kassenbereich genauer auszuwerten. Die Auswertung werde nicht von Real selber vorgenommen, sondern durch eine Firma aus Augsburg. An sie soll Real entsprechende Werbeplätze vermietet haben.
Kameras an den Werbebildschirmen erfassen die Gesichter von Kundinnen und Kunden im Kassenbereich und speichern sie für eine kurze Zeit. Eine Software ermittelt sodann das Alter und das Geschlecht der Personen sowie die Blickdauer, innerhalb derer sie die Werbung betrachteten. Diese Daten werden dann für die weitere Analyse und die Weiterentwicklung des Werbesystems verwendet. So soll beispielsweise die sogenannte Werbeansprache zielgruppengerechter werden. Das heißt, dass Wartende im Kassenbereich der Supermarktfilialen von Kameras erfasst und mittels Software einer Zielgruppe zugeordnet werden und ihnen sodann auf ihre Zielgruppe zugeschnittene Werbung auf Bildschirmen gezeigt wird.
Besagter Berichterstattung zufolge soll es bei der Testphase in den 40 Betrieben nicht bleiben. Bald soll die Technologie an insgesamt 1.100 Bildschirmen in fast allen 283 Real-Filialen eingesetzt werden. Ebenso würden weitere große Handelsketten den Einsatz vergleichbarer Technologien prüfen.
Da die Real Gruppe einem zitierten Sprecher zufolge davon ausgeht, dass datenschutzrechtliche Probleme nicht vorliegen und der alleinige Hinweis auf Videoüberwachung ohne weitere Information über die anschließend stattfindende Analyse ausreichend sei, sind auch in NRW tausende Kundinnen und Kunden mit erheblichen Eingriffen in ihre Privatsphäre konfrontiert, ohne hinreichend informiert zu sein.
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Landtag haben reagiert…
… und ein kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt
Inzwischen liegt die Antwort auf meine kleine Anfrage zur Gesichtserkennung bei Real vor. Die Schwarz-Gelbe Landesregierung bezieht nicht eindeutig Position zum konkreten Fall und verweist auf die Datenschutzbeauftragte (LDI). Ohne Zweifel ist es Aufgabe der LDI als Datenschutzaufsicht tätig zu werden, wenn Verstöße gegen den Datenschutz vorliegen, und darin ist sie aus guten Gründen von der Landesregierung unabhängig. Nichtsdestotrotz könnte die Regierung ja eine Meinung oder auch eine rechtliche Haltung haben, ohne die Unabhängigkeit des Datenschutzes einzuschränken. Hat sie aber nicht.
Und es geht noch weiter: Gefragt nach Handlungsnotwendigkeiten bei der rechtlichen Regelung der „intelligenten“ Videoüberwachung verweist der Innenminister auf den gerade geänderten §6b BDSG und erkennt „keinen Handlungsbedarf“. Hier zeigt sich, wes Geistes Kind die Landesregierung ist, denn die zitierte Änderung trifft erstens keine konkreten Maßnahmen zur „intelligenten“ Videoüberwachung, zweitens – und das ist deutlich schlimmer – schützt sie nicht die Privatsphäre der Betroffenen, sondern weitet Videoüberwachung im Gegenteil deutlich aus.
Die vollständige Antwort meine Anfrage gibt es hier.
Danke an Matthi Bolte (Mitglied des Landtags).
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