Anstig der Sozialausgaben auf mehr als 900 Milliarden

Man könnte es mit den Worten umschreiben: ‘Leider nicht besonders gut gelaufen!’

Der (hoffentlich) letzte Akt der großen Koalition findet sein unrühmliches Ende still und fast unbemerkt in der Sommerpause. Im Sozialbericht des Kabinetts wird eine Rekordsumme von 918 Milliarden Euro auf der Ausgabenseite stehen. Damit steigen die Ausgaben gegenüber 2015 um 3,7 Prozent laut Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) und machen damit 29,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP/2015: 29,2%) aus.

Bei Sozialausgaben handele es sich im übrigen nicht um soziale Wohltaten, sondern um notwendige Ausgaben, mit denen eine Gesellschaft zum Beispiel soziale Ungleichheit ausbalanciert. „Sozialausgaben unterstützen Kinder und Familien, Menschen mit Behinderungen, Rentnerinnen und Rentner oder Pflegebedürftige“

Diesbezüglich berichtet das ‘Handelsblatt’, das bis Ende der nächsten Legislaturperiode die Ausgaben gar auf über 1,1 Billonen Euro steigen könnt. Wovor auch der Arbeitgeberverband BDA kürzlich in Zusammenhang mit steigenden Sozialabgaben zulasten von Arbeitsplätzen warnte.

Nun, wie kann das sein?

Es gib natürlich, wie bei jedem Thema, immer unterschiedliche Analysen des Problematik, wie es bei rekordverdächtigen Beschäftigungszahlen, geringer Arbeitslosenzahl und sprudelnden Steuereinnahmen zu diesen Steigerungen kommen kann.

So liegt die Argumentation von Ulrike Maschner (Präsidentin VdK) sehr Nahe, dass Arbeit teilweise zu schlecht bezahlt wird, sodass es zu sogenannten ‘Aufstockern’ (erhalten zusätzliche Sozialleistungen) kommt, die aus ihrem Arbeitslohn alleine den Lebensunterhalt nicht sichern können.

Man darf zwar auch nicht vergessen, dass die Anzahl der Rentner in Deutschland, die zusätzlich Sozialleistung bekommen. Allein von 2014 zu 2015 ist die Anzahl der Rentner die Leistungen benötigen um mehr als 5 Prozent, auf über 500.000 Rentner über 65 (zzgl. Erwerbsminderungsrente < 65 Jahre) gestiegen. Macht derzeit aber nur ca. 3 Prozent aller Rentenbezieher aus.

Eine viel größere Gruppe, ohne Lobby, machen da die Alleinerziehenden Frauen aus. In Deutschland leben nach Angaben des Familienministeriums gut 1,6 Millionen Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern. Das sind 20 Prozent aller Familien. Bei 18 Prozent handelt es sich um alleinerziehende Mütter und bei 2 Prozent um alleinerziehende Väter. In diesen alleinerziehenden Haushalten leben 2,3 Millionen minderjährige Kinder. Und fast alle benötigen Sozialleistungen.

Obergrenze Lohnnebenkosten?

Dazu kritisiert die BDA, dass nahezu alle Parteien wollten die Sozialleistungen in der kommenden Legislaturperiode zum Teil deutlich ausweiten. Damit drohe ein massiver Arbeitsplatzverlust. Der Verband plädierte für einen gesellschaftlichen Konsens, dass der Gesamtbeitragssatz für die vier zentralen Sozialversicherungen – Kranken- und Pflegeversicherung sowie Renten- und Arbeitslosenversicherung – die Obergrenze von 40 Prozent der Bruttoarbeitslohnkosten nicht übersteigen dürfe. Derzeit liegt er bei 39,95 Prozent. Gut die Hälfte davon trägt der Arbeitnehmer, entsprechend weniger der Arbeitgeber.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt die Forderung nach einer Begrenzung der Sozialabgaben ab. DGB-Chef Reiner Hoffmann hatte der dpa gesagt, die Beiträge auf 40 Prozent zu begrenzen, würde bedeuten, dass entweder Leistungen massiv gekürzt und damit Lasten privatisiert würden oder die Lasten ausschließlich auf die Beschäftigten abgewälzt würden.“ Daran werde sich der DGB nicht beteiligen.

Nach einer Prognose-Studie gehen bei einem Anstieg der gesamten Sozialbeiträge um einen Prozentpunkt rund 90 000 Arbeitsplätze verloren. Nach diesen Berechnungen steigen die Beitragssätze in den zentralen Zweigen der Sozialversicherung ohne gesetzliche Eingriffe bis 2040 auf 48,8 Prozent. Und mit gesetzlichen Eingriffen etwa bei der Rente könnten die Sozialbeiträge bis 2040 sogar auf 55,5 Prozent ansteigen.

Schlechte Bilanz…

Obwohl die Regierung weiß, dass sich nach 2030 die Lage vor allem der Neu-Rentner absehbar drastisch verschlechtern wird, hat sie eine weitere Legislaturperiode ohne Handeln verstreichen lassen. Viel schlimmer, in den meisten Wahlprogrammen sind zum Thema Renten und notwendige Reformen ehr weiße Seiten zu finden. Das trifft dann diejenigen, die heute 50 oder deutlich jünger sind. Doch dann will das Wort ‘Altersarmut’ wahrscheinlich niemand mehr hören.

Ricardo Blaszczyk – Ortsverband BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Warburg

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