Ein Familientreffen mit zu wenig Inhalten

In der Nachlese des TV-Duells muss man leider klar sagen, dass viele Themen, die den deutschen Wählern wichtig sind, gar nicht erst auf den Tisch gekommen sind oder, in kurzen NEIN / JA Runden gestreift wurden. Traurig – aber was war zu erwarten? Zwei Parteien, die gerade aus einer großen Koalition kommen und viele Entscheidungen der letzten Legislaturperiode gemeinsam zu verantworten haben, sollen nun zur Gewinnung von Wählerstimmen ein packendes Duell liefern? Leider hat das nicht geklappt!

Man hätte erwartet, dass gerade Martin Schulz, der nicht in der aktuellen Regierung sitzt viel härtere Bandagen anlegt um zu zeigen, dass er Kanzler werden will. Eine klarere differenzierte Position zur aktuellen Kanzlerin wurde eigentlich erwartet.

Doch was haben wir gehört?

Nun, zunächst nahm das Thema Flüchtlingspolitik und Türkei einen sehr großen Teil ein. Überraschung – die SPD würde die Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei versuchen sofort zu beenden und entsprechende Beihilfen sofort einstellen. Mutiger Auftakt, wobei nicht richtig zu erfahren war, was mit dem Flüchtlingsdeal werden soll. Angela Merkel argumentiert hier eh mehr wie ein Staatsmann und setzt auf diplomatische Verhandlungen. man wird sehen was letztlich bei diesem Thema weiterhin passiert.

Angela Merkel brüstet sich anschließend noch immer mit der Halbierung der Arbeitslosenzahlen zwischen 2005 und 2017. OK, aber schauen wir mal genau hin, sieht man, dass der Rückgang auf arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen von Gerhard Schröder zurück geht, die 2001 getroffen worden sind.

Und dann die Sache mit der Rente. Da gibt es starke Strömungen in der CDU demnächst bis 70 zu arbeiten, aber Angela Merkel wies das strickt zurück! Wir werden sehen ob es dabei bleibt oder ein Zweites ‘Unter mir gibt es keine PKW-Maut’ wird. Es ging dann munter weiter über Ehe für alle, PKW-Maut und der Deal mit Thüringen, etc.

Bemerkenswert einig war man sich dann beim Thema Autoindustrie, wo gleich man die Frage stellen muss welche konkreten Maßnahmen letztlich kommen werden. Nur die Ansage, die Arbeitsplätze zu erhalten ist da etwas dünn. Da reicht es auch nicht, um die Aussage von Angela Merkel zu nutzen ‘stocksauer zu sein’! Allerdings hat auch nie jemand die Menschen in der Produktion beschuldigt, wie Angela Merkel es dargestellt hat.

Der Seitenhieb:

Das Angela Merkel nicht zu den mutigsten Kanzlern gehört und selten konkret wird wissen ja alle, doch das Thema Verbrennungsmotor auf die nächsten Jahrzehnte auszuweiten ist schon mal ein echter Seitenhieb in Richtung der Grünen. Da kommt so ein wenig der Lobbyismus durch – warum nicht endlich wie andere Länder einen festen Termin nennen? Endlich mal Druck aufbauen!

Immerhin scheint mittlerweile auch bei den großen Volksparteien das Thema Musterfeststellungsklage angekommen zu sein. Auch wenn das Thema derzeit an der Blockadepolitik der Union scheitert.

Letztlich ein großer Kritikpunkt am Ende:

Es waren viel zu wenig Themen die in Zukunft wirklich wichtig sind. Die Themenblöcke Umwelt, Bildung und Digitalisierung waren einfach nicht wirklich vorhanden. Klar die Union hat sich beim Thema Digitalisierung mit den Aussagen zur letzten Bundestagswahl zu weit aus dem Fenster gelegt und musste Federn lassen. Aber das sind gerade die Themen der jungen Wähler, die einfach zu wenig behandelt worden sind.

Der Aufreger des Abends:

War in meinen Augen ganz am Schluss und in den Worten der amtierenden Kanzlerin zu finden. Sie sprach über die Herausforderungen der digitalen Zukunft und im gleichen Atemzug dem Schutz der bestehenden Arbeitsplätze.  Ein klares Indiz, dass nicht verstanden wurde, dass sich die Arbeitswelt durch die Digitalisierung stark verändern wird und die CDU das noch immer nicht begriffen hat und lieber in der konservativen Blase verbleibt. Die Arbeitsplätze werden nur erhalten bleibe, wenn die Arbeitnehmer der Zukunft entsprechende Ausbildung, Nachschulung und digitale Möglichkeiten haben um der Automatisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt entgegen zu treten. Sonst werden mehr und mehr Menschen von der Entwicklung des Arbeitsmarktes abgehängt – und dazu hätte ich gern einen Vorschlag der beiden Kontrahenten gehört!

Ricardo Blaszczyk – BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Ortsverband Warburg

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