Abstimmung über GAP-Reform im Agrarausschuss: Ohrfeige für Klima, Artenvielfalt und Bauernhöfe

Die Mehrheit der Abgeordneten des Landwirtschaftsausschusses setzt auf Landwirtschaftspolitik der 60er Jahre und stimmte soeben für den Bericht zu den so genannten strategischen Plänen, einem Vorschlag der Europäischen Kommission für die Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP). Der mit 60 Prozent weitaus größte Teil des GAP-Haushalts soll nach dem Willen der Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen weiter nach dem Gießkannenprinzip nach Größe der Flächen und nicht entlang der Kriterien Klimaschutz, Umweltschutz, Tierschutz, Artenvielfalt und Entwicklung ländlicher Räume ausgegeben werden. Die Abgeordneten ignorieren die EU-weiten Proteste und das Votum des mitberatenden Umweltausschusses für eine grünere EU-Landwirtschaftspolitik.

Maria Heubuch, Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, kommentiert:

Der von konservativen und liberalen Abgeordneten dominierte Agrarausschuss vertut gerade eine riesengroße Chance, die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen. Die Abgeordneten verschließen die Augen und fahren blind gegen die Wand, obwohl tausende Menschen für Klimaschutz und eine grüne Landwirtschaftspolitik auf die Straße gehen. 40% der Direktzahlungen sollen automatisch als Klimaausgaben gezählt werden – das ist eine Schwächung der EU-Klimaziele sondergleichen. Doch von einer wissenschaftlich sauberen Berechnungsmethode, die die tatsächlichen Emissionen und Einsparungen in den Blick nimmt, wollen Konservative und Liberale nichts wissen.

Mangels Monitoring wird sich die Europäische Landwirtschaftspolitik weiter der Zerstörung lokaler Märkte in Entwicklungsländern durch massenhafte Exporte zu Schleuderpreisen schuldig machen. Ein Weiter-wie-bisher in der Agrarpolitik bedeutet für die Bäuerinnen und Bauern, dass sie das Image der Landwirtschaft als Klimasünder, Tierquäler und Artenkiller ausbaden müssen. Dabei wäre jetzt die Gelegenheit, die öffentlichen Gelder gezielt in Programme zu stecken, die die Landwirte bei der Umstellung auf rentable umweltfreundliche Methoden begleitet.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

Diese Agrarreform ist eine Absage an die Zukunft. Angesichts von Artensterben, Klimawandel und Massentierhaltung ist die Reform ein Anachronismus auf Kosten der Umwelt. Die schlechten Zustände in der Agrarpolitik werden zementiert, statt den Sektor auf einen nachhaltigen Weg zu bringen. Eine Koalition von Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen ist die unheiligen Allianz der rückwärtsgewandten Politik. Das Artensterben, ungehemmter Pestizideinsatz, Tierleid und Umweltzerstörung werden weitergehen.

Die Europawahl wird jetzt zur Agrarwahl. Denn der Beschluss des Agrarausschusses kommt zu spät, um noch vor der Wahl im Europaparlament diskutiert werden zu können. Das heißt, das nächste Europaparlament kann diese fatale Entscheidung schon im Juli revidieren. Dazu braucht es eine Mehrheit im Europaparlament, das sich gegen das Mantra des Weiter-So stellt.

Das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten von Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen ist auch ein Schlag ins Gesicht von 1,7 Millionen Bürgern, die in Bayern für Artenvielfalt unterschrieben haben. Die ganz große Koalition hat z.B. weniger Pestizide auf ökologischen Vorrangflächen als Bedingung für EU-Gelder abgelehnt. Um die Bienen zu retten, ist eine andere Agrarpolitik nötig. Eine Stimme für Grüne ist eine Stimme für gesundes Essen und Artenschutz.

Hintergrund

Briefing zur Reform der EU-Landwirtschaftspolitik: Für eine faire und klimafreundliche GAP

Die heutige Abstimmung schwächt den Verordnungsvorschlag der EU-Kommission u. a. in folgenden wichtigen Punkten ab:

  • 60% der Zahlungen der ersten Säule sollen für Direktzahlungen reserviert werden; Erhöhung der Kappung der Gelder an Großbetriebe auf 100.000 €; möglicher Ausschluss der kleinsten Landwirte vom Zugang zu GAP-Subventionen
  • Widerstand gegen eine gerechtere EU-weite Verteilung der GAP-Mittel
  • Werbemaßnahmen sollen nicht nur weiter finanziert, sondern die Förderfähigkeit sogar erhöht werden
  • Kein Monitoring der Auswirkungen der GAP auf Entwicklungsländer
  • Ein mit maximal 30% der 1. Säule sehr schwaches Budget für Öko-Programme („eco-schemes“)
  • Schwächung der EU-Klimaziele, indem 40% der Direktzahlungen als Klimaausgaben gezählt werden
  • Streichung oder Schwächung vieler Elemente der Konditionalität, was sich auf den Umwelt- und Klimaschutz auswirkt, etwa die Erhaltung von Dauergrünland, Torfgebieten und Naturschutzgebieten.

Die Plenarabstimmung über das Mandat für die Verhandlungen mit dem Rat und der Europäischen Kommission („Trilog“) über die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik findet in der neuen Legislatur statt.

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