Fakten statt Parolen… gilt auch hier

Wenn man zum Thema Diesel-Gate / Abgasskandal in den letzten Tagen die Kommentare bei Facebook und anderen sozialen Netzwerken studiert, fallen mehr und mehr Kommentare wie oben im Beitragsbild auf. Mal abgesehen von dem, in diesem Beitrag noch harmlosen, doch sehr fragwürdigen Unterton, dem oft jeglicher konstruktiver Inhalt fehlt, stimmen auch manche Aussagen einfach nicht…

Bei genauem hinschauen ergeben sich folgende wesentliche Kritikpunkte:

  1. die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze in der Autoindustrie beläuft sich allein in Deutschland auf 2-3 Millionen…
  2. ab 100 Milligramm Feinstaub soll es Fahrverbote in Stuttgart geben. Aber die Arbeiter dürfen in ihrem Berufsleben der täglichen Dosis bis 950 Milligramm Feinstaub ausgesetzt werden…
  3. 15 schwer Tanker fahren mit Schweröl über die Ozeane und stoßen soviel Schadstoffe aus, wie 470 Millionen Auto…

Versuchen wir mal etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Arbeitsplätze sind bei den Verbänden der Autoindustrie und den betroffenen Unternehmen immer ein beliebtes Thema. Oft wird mit dem Gespenst gefährdeter Arbeitsplätze im Zusammenhang mit drohenden Strafen und gesetzlichen Umweltvorgaben gesprochen. Aber mal ehrlich, sollte die deutsche Autoindustrie jetzt nicht, wie zu befürchten ist, den Anschluss verpassen, wer soll denn dann die neuen Mobile, unabhängig ob elektrisch, hybrid oder sonst eine Technik, letztlich bauen? Das werden die gleichen Arbeitnehmer sein, die es auch jetzt sind. Das Argument ‘Gefahr für Arbeitsplätze’ kann nur ziehen, wenn die deutschen Autobauer der Entwicklung weiter hinterher laufen. Dann werden in Zukunft die Automobile der Welt im asiatischen Raum produziert.

Das Thema Grenzwerte ist auch immer heiß diskutiert. Also Fakt ist, der Grenzwert für Stuttgart beträgt NO2 > 200 µg/m³ (Quelle: Stadtklima Stuttgart). Wenn dieser Grenzwert 18 Stunden am Tag überschritten wird, spricht man von Gesundheitsgefährdung. Laut Maximaler-Arbeitsplatz-Konzentration-Dokumentation für Stickoxide ist es erlaubt, einer maximalen Belastung von 950 µg/m³ während der Arbeit ausgesetzt zu sein. Soweit so gut die Fakten. Jetzt kann man laut rufen – aber warum denn dann Fahrverbot. Abgesehen davon, dass ich an einem solchen Arbeitsplatz persönlich nicht arbeiten würde, liegt der Teufel im Detail.

Zunächst einmal geht es beim Arbeitsschutz um ein Studie im Bezug auf die maximale Belastung Arbeitsplatz, also ist man dem Einfluss, so traurig das klingt, nur 8-9 Stunden ausgesetzt, hingegen der Anwohner einer Problemzone laut Feststellungsverfahren mindestens 18 Stunden / Tag. Und letztlich, und das finde ich noch viel schlimmer, arbeiten in Deutschland keine Kinder, Schwangeren und chronisch Lungenerkrankte unter diesen Bedingungen. Wenn man die Studie, die ich oben genannt habe mal genau liest, steht da in der Bewertung:

“Im Jahre 2003 wurde NO2 aufgrund der eindeutig genotoxischen Wirkung in vitro und der Hinweise auf eine tumorpromovierende Wirkung an der Lunge in die Kategorie3B für krebserzeugende Arbeitsstoffe eingestuft.”

das allein sollte die Grenzwertdiskussion beenden.

Kommen wir zum letzten Punkt. Produktion von Umwelt- / Klimaschädlichen Abgasen durch ‘Super-Tanker / Frachtschiffe’. Ja, es ist notwendig was zu tun. Ich finde es nur immer müßig zunächst mit dem Finger auf andere zu zeigen. Meine Eltern haben mir schon als Kind beigebracht, das man nicht versuchen sollte die eigenen Unzulänglichkeit mit den Fehlern der Anderen zu entschuldigen. Ganz schlechter Wesenszug. Aber zum Wesentlichen:

Wie dringend bindende Abkommen nötig sind, verdeutlichen einige Zahlen: Die Weltflotte von 90.000 Schiffen verbrennt rund 370 Millionen Tonnen Treibstoff pro Jahr, was einer Emission von 20 Millionen Tonnen Schwefeloxid entspricht. Allein die 15 größten Schiffe der Welt stießen pro Jahr so viele Schadstoffe aus wie 750 Millionen Autos, so der NABU (Naturschutzbund Deutschland). Diese Fakten stehen außer Frage, nur muss ich natürlich mal schauen, warum so viele Schiffe Waren über die Meere fahren. Mal abgesehen von den Kreuzfahrtschiffen, muss man zugeben, das wir mit unserer ‘Geiz ist Geil’-Mentalität doch zum größten Teil mit verantwortlich sind. Zu gern greifen wir auf das billigere Produkt aus dem asiatischen Raum zurück. Wir wollen billiges Fleisch was mit Futtermitteln aus Afrika gefüttert wird. Wir wollen Autos mit Benzin und Diesel fahren. Diese Faktoren sind doch der Grund wieso so viele Ozeanriesen die Weltmeere befahren und die Luft verschmutzen.

Die wichtigsten Komponenten der von einem Schiff verursachten Umwelt- und Klimabelastung stehen in direktem Bezug zur Schiffsgröße und installierten Antriebsleistung.

In diesem Zusammenhang muss man auch das Verhältnis zwischen beförderter Fracht und NO2 Ausstoß betrachten, also wie viel Luft-Belastung pro transportierter Tonne entsteht (Forschungsinformationssystem).

Vielleicht werden die Kritiken irgendwann wieder konstruktiver – nur immer destruktive Beleidigungen regen eh niemanden auf und helfen ja auch niemandem außer dem populistischen Flügel. Ich bin da lieber Aktiv und versuche Änderung durch Beteiligung zu erreichen.

Ricardo Blaszczyk – Ortsverband Warburg BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

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